Wirtschaft kann man wählen

10 Fragen zur Kärntner Wirtschaftspolitik

Antworten von LAbg. Bgm. Gerhard Köfer, Team Kärnten

  1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen bzw. unterstützen, um der in Kärnten in wesentlichen Bereichen stockenden Energiewende zum Durchbruch zu verhelfen und unser Bundesland zu einer europäischen Kompetenzregion für erneuerbare Energieformen zu machen? (Siehe auch das jüngste Pressegespräch der WK Kärnten)
    Unser Bundesland hinkt, was den wichtigen Bereich des Erneuerbaren-Ausbaus betrifft, anderen Bundesländern klar hinterher. Die Landesregierung ist in der Pflicht, endlich aus dem Winterschlaf in Sachen Ausbau von erneuerbaren Energieformen zu erwachen. Die reine Priorisierung von Photovoltaik auf Dachflächen ist zu kurzsichtig und bringt uns nicht entscheidend weiter. Das Team Kärnten tritt dafür ein, dass PV-Anlagen zukünftig nicht nur auf Dächern, sondern auch auf Freiflächen entwickelt werden können. Das Totschlagargument, dass hier Boden zerstört und versiegelt wird, ist bereits klar widerlegt worden. Grundsätzlich muss es darum gehen, dass Kärnten von Energieimporten unabhängiger wird. Das gelingt keinesfalls damit, dass man so wie in der Vergangenheit Projekte im Bereich der erneuerbaren Energie, sei es Sonne oder Wind, von politischer Seite her torpediert oder künstlich verzögert. Es braucht grundsätzlich einen neuen Mindset in Kärnten: „not in my backyard“ (nicht in meinem Hinterhof) ist kein Zukunftsmodell. Eine „ja, aber“-Politik bringt Kärnten auch nicht weiter: Ja zur Windkraft, aber nicht bei uns. Ja zur Kleinwasserkraft, aber nicht bei uns. Das sind nicht die Ansagen, die wir brauchen. Es muss jetzt in Sachen Erneuerbaren-Ausbau der Turbo gezündet werden, ansonsten werden wir unsere Klimaziele niemals erreichen. Unternehmer, die der Behörde mittels eines Gutachtens nachweisen müssen, wie viele Regenwürmer sich in einem Kubikmeter Erdaushub befinden, sind die beste Erklärung dafür, wieso die Energiewende in Kärnten bis jetzt nicht auf Touren gekommen ist. Es braucht in diesem Bereich auch einen Abbau von Bürokratie. „Ich hasse Windräder“ (Copyright Landesrat Fellner) ist sinnbildlich für die Energiepolitik des vergangenen Jahrzehnts in Kärnten. Die Abschaffung der Windkraftstandorträume-Verordnung und damit auch die widersinnige Sichtbarkeitsregel ist notwendig, um auch hier einen sinnvollen Ausbau zu ermöglichen. Neun Jahre für die Genehmigung eines Windrades ist untragbar. Der Energiemasterplan braucht ebenfalls ein Update und muss neu geschrieben werden.
  2. Wie wollen Sie daran mitwirken, das Kärntner Stromnetz innerhalb der nächsten fünf Jahre an die Herausforderungen der Energiewende anzupassen?
    Das Stromnetz stellt für den gesamten Ausbau der Erneuerbaren Energien einen wesentlichen Faktor dar. Aktuell ist es leider so, dass es vielen nicht möglich ist, Überschussstrom einzuspeisen, weil das Netz an seine Grenzen kommt, wie es offiziell heißt. In Anbetracht der höchsten Netzkosten Österreichs muss man an die Kärnten Netz appellieren, hier das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und die Einspeisung zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. Auch das ist eine Frage von Energieunabhängigkeit.
  3. Wie werden Sie dazu beitragen, die Inbetriebnahme der Koralmbahn 2026 und damit die Schaffung eines neuen „Wirtschaftsraums Südösterreich“ als entscheidenden, nachhaltigen Impuls für den Wirtschafts- und Lebensstandort Kärnten (z.B. hinsichtlich der Homogenisierung Landesgesetze von Kärnten und der Steiermark, der Abstimmung der Bildungseinrichtungen, der Integration der Wirtschaftspolitik, der Konzentration der öffentlichen Verwaltung, der Schwerpunktsetzung hinsichtlich erneuerbarer Energien, der Modernisierung und des Ausbaus der Infrastruktur) zu nutzen?
    Es braucht in jedem Bereich eine intensivere Abstimmung, permanenten Dialog und Kooperation. Ein Beispiel ist das Bildungsangebot im Hochschulbereich. Die Universität Klagenfurt braucht Alleinstellungsmerkmale im Gegensatz zur Uni-Struktur in Graz, die ein breites Spektrum aufweist, von Medizin über Technik bis hin zu Musik. Kärnten und die Steiermark stehen als südliche Region Österreichs auch im Wettbewerb mit anderen Regionen Europas. Hierbei geht es auch um die Akquirierung von neuen Arbeitskräften in unterschiedlichen Bereichen. Die Koralmbahn darf keinesfalls dazu führen, dass Kärnten zu einem Vorort von Graz wird. Es gilt, dass beide Bundesländer profitieren und Stärken entwickeln. Kärnten findet beispielsweise im Bereich der Logistik ein großes Handlungsfeld für die Zukunft vor, das bearbeitet werden muss.
  4. Was werden Sie unternehmen, um die Integration der EU-Makroregion Alpen-Adria (speziell bezüglich der budgetären Eigenständigkeit, siehe EU-Donauraumstrategie) voranzutreiben und mit Leben zu erfüllen?
    Auch hier müssen wir die Kooperation und den Dialog verstärken. Kärnten ist ein wichtiger Teil einer Alpen-Adria-Region. Kärntens Landeshauptstadt Klagenfurt kann seit den späten 1970iger Jahren als eine der Drehscheiben im Bereich der alpen-adriatischen Kooperation gesehen werden. Das unterstreichen die vielfältigen Tätigkeiten der Alpen-Adria-Allianz, der Alpen-Adria-Rektorenkonferenz und des New Alpe-Adria Network of Chambers. Wir vom Team Kärnten wollen durch intensive Abstimmungshandlungen erreichen, dass Kärnten von seiner Lage am Schnittpunkt dreier Kulturkreise und im Herzen Europas weiterhin profitieren kann und dass gemeinschaftliche Projekte weiter forciert werden – egal ob in der Wirtschaft, im Bereich der Bildung oder in der Infrastruktur. Grenzüberschreitendes Bewusstsein und Handeln muss in den Fokus gerückt werden. In der Kooperation im Alpen-Adria-Raum liegen noch große Potenziale, die sich nach Fertigstellung der Koralmbahn auch nochmals steigern werden.
  5. Mit welchen Vorhaben wollen Sie der kritischen demografischen Entwicklung Kärntens und dem drohenden Mangel an Arbeitskräften entgegenwirken?
    Dafür ist ein Bündel an Maßnahmen notwendig. Wir müssen unser Bildungsangebot so aufstellen, dass junge Menschen in Kärnten bleiben. Im Hochschulbereich fordert das Team Kärnten als Langfristperspektive eine technische Universität. Es muss zudem dafür Sorge getragen werden, dass junge Menschen ein attraktives Jobangebot vorfinden. Im ländlichen Raum gilt es, die Infrastruktur auszubauen und zu sichern, um diesen Bereich lebenswert zu machen. Dem drohenden Mangel an Arbeitskräften muss durch verstärkte Qualifizierungsmaßnahmen, eine bessere Abstimmung zwischen Unternehmen und den Bildungseinrichtungen, der Frage folgend, was die Firmen brauchen sowie durch effizienteres Standortmarketing begegnet werden. Kärnten muss für Arbeitskräfte aus anderen Ländern interessant und das Motto, arbeiten wo andere Urlaub machen, stärker in den Vordergrund gerückt werden.
  6. Was werden Sie gleichzeitig unternehmen, um die immer noch zweithöchste Arbeitslosenquote in Österreich (7,1 Prozent) zu senken?
    Wir bemerken derzeit am Arbeitsmarkt ein krasses Missverhältnis zwischen Angebot an Arbeitskräften und der Nachfrage der Unternehmen. Es gilt, auf verstärkte Qualifizierungsmaßnahmen zu setzen. Gleichzeitig müssen auch Langzeitarbeitslose in den Arbeitsprozess reintegriert werden. Das Team Kärnten verfolgt auch den Ansatz, dass kein Jugendlicher in Kärnten ohne Abschluss sein darf. Arbeit ist sinnstiftend, das muss auch vermittelt werden.
  7. Wie werden Sie angesichts der alarmierenden Klimaprognosen den Wintertourismus in Kärnten aufrechterhalten und im Besonderen den Investitionsbedarf der Seilbahnwirtschaft abdecken?
    Seilbahnbetreibern sollte es unter anderem leichter möglich sein, in ihrem Bereich Strom selbst zu produzieren, auch im Sinne von Nachhaltigkeit und Kosten-Nutzen-Rechnung. Liftstützen und Trassen müssen Verwendung finden. Zudem gilt es, touristische Einrichtungen auch Einheimischen schmackhaft zu machen, um hier neue Gästesegmente anzusprechen. Grüner, nachhaltiger Tourismus sollte ebenfalls stärker vermarktet werden. Diese Form wird international sehr stark nachgefragt. CO2-neutrales Reisen könnte ein Alleinstellungsmerkmal bieten. Zudem ist es an der Zeit, Kärnten ganzjährig touristisch auszurichten.
  8. Welche Konzepte werden Sie entwickeln und verfolgen, um die zersplitterte Standortpolitik Kärntens (derzeit: Kärnten Werbung/Strategische Landesentwicklung/KWF/Babeg/WKK) zu integrieren und auf ein gemeinsames Leitbild zu fokussieren?
    Es braucht hier eine verstärkte Zusammenarbeit. Es kann nicht sein, dass landesnahe Einrichtungen und Stellen der Landesregierung unabhängig voneinander operieren. Synergien müssen endlich genutzt werden. Insbesondere was das Standortmarketing betrifft, braucht es mehr Kooperation und eine Zusammenführung mit der Kärnten Werbung, den Vermarktungsprofis und dem Bereich Wirtschaftspolitik. Hier muss eine gemeinsame Schnittstelle gebildet werden, die auch koordiniert mit Förderstellen, der BABEG etc. agiert.
  9. Was werden Sie tun, um die für das Wachstum von Unternehmen nach wie vor bestehenden Hürden in Gesetzgebung und Bürokratie abzubauen?
    Es braucht ein radikales Ausmisten bei Gesetzen und Verordnungen. Nicht mehr zeitgemäße Bestimmungen müssen entfernt, Hürden abgebaut und neue Gesetze mit einem Ablaufdatum, sprich einer Sunset-Klausel, versehen werden. Sollten neue Gesetze beschlossen werden, sind alte bzw. andere Regelungen außer Kraft zu setzen. Wir brauchen wenige, klare Regeln, die die unternehmerische Freiheit sichern und stärken. Unternehmer müssen sich auf ihr Business-Modell konzentrieren können und dürfen nicht durch überflüssige Bürokratie und Zettelwirtschaft behindert werden. Wir brauchen einen Frühjahrsputz bei Gesetzen und Verordnungen, mit dem klaren Ziel, hier Erleichterungen zu erreichen.
  10. Mit welchen Maßnahmen kann das Land Kärnten Ihrer Meinung nach die enorm gestiegenen Energiekosten abfedern, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger zu erhalten?
    Es braucht insbesondere für jene 100.000 Bürgerinnen und Bürgern, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht oder betroffen sind, wirksame Hilfsmaßnahmen, ebenso gilt dies für Betriebe, insbesondere im KMU-Bereich. Hier ist die Landesregierung in der Pflicht, direkte Maßnahmen zu setzen.